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BELTEZ – A Grey Chill And A Whisper (2020)
(6.618) Schaacki (9,2/10) Black Metal
Label: Avantgarde Music
VÖ: 06.11.2020
Stil: Black Metal
Als ich sah, dass Beltez ein neues Scheibchen veröffentlichen, war ich doch sehr erfreut und meldet mich frühzeitig für das Review, hatte ich die Truppe dank des letzten Outputs namens „Exiled, Punished, Rejected“ doch als sehr gut in Erinnerung behalten. Auf was für ein Mammutprojekt ich mich damit eingelassen hatte, war mir jedoch nicht bekannt. Denn im Falle von „A Grey Chill And A Whisper“ ist nicht einfach nur ein Album zu bewerten, sondern ein groß angelegtes, vielschichtiges Gesamtkonzept zu erfassen und zu verstehen.
Grundlage für die lyrische Ausrichtung ist eine Kollaboration mit der Kölner Schriftstellerin Ulrike Serowy, die vielleicht dem ein oder anderen bereits durch ihre Zusammenarbeit mit den Thüringern Mosaic, ihrem Werk „Skogtatt“ und ihren Lesungen in Wäldern und auf Festivals bekannt sein mag. Wie es heißt, lässt sie sich gern von besonderen, härteren Klängen inspirieren und „nimmt Musik und macht daraus Worte“ (Zitat von Amazon). Für „A Grey Chill And A Whisper“ hat sie allerdings die Reihenfolge getauscht, denn zuerst stand die Kurzgeschichte „Black Banners“, die Serowy exklusiv für Beltez geschrieben hat und die als Basis für das neue Album der Band dient. Somit ist also diesmal das geschriebene Wort die Inspiration für die Musik.
Und diese kann sich sehen beziehungsweise hören lassen. Das Wort „sehen“ möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht ausklammern, denn Beltez verstehen es abermals verdammt gut, mit ihren Klängen Bilder in den Kopf zu malen. So tiefgründig und durchdacht wie das ganze Konzept hinter dem neuen Schaffenswerk sind auch die Songstrukturen. Abgesehen vom Intro und einem Zwischenspiel ist kein Stück unter fünfeinhalb Minuten, nein es regieren die eher überlangen Songs. Schon der Opener „The City Lies In Utter Silence“ ist ein episches Monster, das Wut, Schwermut und Wahn vereint. Wie in diesem so auch in allen anderen Tracks wechseln Elemente von Black Metal, Doom, Post und Ambient, verbinden sich, gehen ein leidenschaftliches Verhältnis ein und verfallen dabei nie dem Kitsch. Beltez behalten stets ein gewisses Maß an Druck und Härte, kontern selbst aber mit perfekt dosierten Emotionen und erzeugen eine umarmende, leicht bedrückende Atmosphäre. Bei den vielen Gefühlslagen, die die Songs enthalten, ist es daher auch kein Wunder, dass diese sich dann eben auch mehr Zeit zur Entfaltung lassen. Gut, manchen Parts hätten vielleicht etwas weniger Wiederholungen gut getan, siehe zum Beispiel „A Taste Of Utter Extinction“, das ein paar Längen aufweist, doch grundlegend verstehen es die Kölner ausgezeichnet, lange Lieder zu komponieren.
„A Grey Chill And A Whisper“ ist ein verdammter Brocken, das muss klar gesagt sein. Das gesamte Album hat eine Länge von 65 Minuten plus weitere fünfeinhalb für die Akustikversion des Songs „We Remember To Remember“. Aber damit nicht genug, denn es kommt ja noch das (englischsprachige) Hörbuch zu „Black Banners“ dazu, das es auch auf knapp 50 Minuten schafft – und im übrigen Dan Capp (Winterfylleth), Evan Hunt (MetalTower) und die Autorin Corinne Henderson als Leser in dieses Großprojekt involviert und ebenfalls musikalisch von Beltez begleitet wird. Christian K. von Chapel Of Disease erschloss Bezüge zu Helrunars Meisterwerk „Sol“ und ja, allein vom Umfang her ist dies durchaus gerechtfertigt. Ob „A Grey Chill And A Whisper“ auch auf lange Sicht einen solchen Unterhaltungswert hält, kann ich schwer beurteilen und darum geht es auch nicht. Fakt ist, dass diese Scheibe ein mächtiges Unterfangen ist, das sehr gut präsentiert, wie stark Musik und Literatur miteinander verbunden sein können und dass aus großen Ideen eben besonders große Werke entstehen können.
Anspieltipps: „The City Lies In Utter Silence“ und „Black Banners“
Bewertung: 9,2 von 10 Punkten
Tracklist:
1. In Apathy And In Slumber
2. The City Lies In Utter Silence
3. Black Banners
4. A Taste Of Utter Extinction
5. The Unwedded Widow
6. From Sorrow Into Darkness
7. A Grey Chill And A Whisper
8. I May Be Damned But At Least I’ve Found You
9. We Remember To Remember